Liebe Leserinnen und Leser
Am Sonntag war ich nicht mit dem vorgesehenen Predigttext beschäftigt, sondern mit Konfirmation. Aber ich schaue trotzdem gerne auch dann in mein Material für Predigten und Gottesdienste, so mehr für mich. Und manchmal finde ich etwas, bei dem ich denke, das finde ich toll, das gebe ich mal weiter. So ist das auch bei dem Predigttext vom vergangenen Sonntag, 2 Verse nur, Lukas 17,5+6:
Die Apostel baten den Herrn: »Stärke unseren Glauben.« Aber der Herr sagte: »Wenn euer Glaube nur so groß ist wie ein Senfkorn, könnt ihr diesem Maulbeerbaum befehlen: ›Zieh deine Wurzeln aus der Erde und verpflanze dich ins Meer!‹ – und er wird euch gehorchen.«
Und dazu habe ich ein Bild mit einer Nacherzählung gefunden („Werkstatt für Liturgie und Predigt Ausgabe 7,2021, Seite 263-264). Die fand ich so klasse, dass ich sie an Sie und Euch weiterreiche. Ich hoffe, es gefällt Euch auch!
„Da staunten die Meeresbewohner nicht schlecht … So etwas hatten sie noch nie gesehen. Neugierig, doch mit gebührendem Abstand zum Baum und zueinander umrunden sie das eigentümliche Gewächs.
„Der war doch gestern noch nicht da – oder? … Wo kommt der her?“ – Pinguin, Schildkröte und sogar der Orka, der doch unter Wasser wahrlich wenig zu fürchten hat, trauen der Sache nicht.
Schön sieht das Bild aus, trefflich die Komposition aus Formen und Farben. Wunderschön ist das schillernde Blau, der einladende Baum herrlich gewachsen vom geraden Stamm bis zur ausladenden Krone, in der verwunschenes Licht zu schimmern scheint. Licht, wie aus einer „anderen Welt“.
Der Anblick verwirrt und nicht nur die Tiere wundern sich. Auch von außen betrachtet merkt man bald, dass da etwas nicht stimmt. Was hat ein solcher Baum im Meer zu suchen? So malerisch er ist, wirkt er doch deplatziert. Wie ist er dorthin gekommen?
Was sich Schildkröte, Pinguin und Orka dazu weiter denken, wissen wir nicht, aber mir selbst fällt eine Geschichte ein. In der Bibel wird sie erzählt. Da kommt ein Baum vor, ein großer Baum. Den habe ich mir immer schon schön gewachsen und stark vorgestellt. Ein Maulbeerfeigenbaum soll es gewesen sein. Tief verwurzelt in der Erde seien die, so wird gesagt. Auf keinen Fall darf man sie zu nah an einen Brunnen oder ein Haus pflanzen. Die starken, weit reichenden Wurzeln könnten die Mauern bersten lassen.
Doch das führt jetzt vielleicht zu weit. Platzsorgen hat der Baum im Wasser sicher nicht und so gigantisch sieht er nun auch wieder nicht aus – standfest allerdings!
In der kleinen Geschichte, an die ich denke, stellt sich einer vor, ein solch standhafter, gesunder Baum könne sich mal eben selbst ausreißen, durch die Luft fliegen und sich im Meer ein neues Zuhause suchen. Fast schon lachhaft. Immer, wenn ich versuche, mir das vorzustellen, sind meine Gedanken lange vor der Ankunft am Meer hängen- geblieben. Spätestens bei der Vorstellung des durch die Luft schwebenden Baumes muss ich lachen: Das geht doch gar nicht!
Wer auch immer das Bild vom Baum im Wasser „gezaubert“ hat, hat offenbar eine größere Vorstellungskraft, als sie mir vergönnt ist … mal frech davon ausgehend, dass hier dieselbe Geschichte zugrunde liegt.
Von einer ganz anderen Pflanze ist in der kleinen Geschichte noch die Rede, von einem Samenkorn, um genau zu sein. Und, wenn die Maulbeerfeige als einer der größten Bäume gilt, so wird von dem Körnchen gesagt, es sei die kleinste Menge, die man beschreiben kann. Vom Senfkorn ist die Rede, ein winziges und unscheinbares Körnchen. Aber was haben diese beiden miteinander zu tun, der Maulbeerfeigenbaum und das Senfkorn?
Das Wort „Glaube“ verbindet die beiden. Der Glaube an Gott – so heißt es da – muss nicht größer sein als ein Senfkorn, und hat doch Kraft genug, einen Maulbeerfeigenbaum auszureißen! … Ja, genau: auszureißen und ins Meer zu verpflanzen! Unmöglich!!! Das geht doch nicht!
Und was, wenn doch? Ja, dann … dann wäre ich gespannt darauf, ob Pinguin, Schildkröte und Orka, diese drei sehr verschiedenen Tiere, unterm Meeresmaulbeerbaum zueinanderfinden. Und das wäre dann vielleicht erst der Anfang!“
Ach übrigens, am 15. September vor 50 Jahren wurde die Organisation Greenpeace von 4 Männern in Kanada gegründet. Was wurde von Greenpeace nicht so alles an Aktionen auf die Beine gestellt. Sicher muss man nicht jede Aktion gut finden, aber hier sind Menschen zusammengekommen, um etwas zu bewirken. Geht also vielleicht doch?!
Dem egal wie kleinen Vertrauen vertrauen und anfangen zu handeln? – Ist vielleicht/wahrscheinlich genau das, was unsere Welt braucht!
Ihr/Euer Pastor Schnoor