Liebe Leserinnen und Leser

Ich hoffe, Sie hatten, Ihr hattet trotz Pandemiebeschränkungen und sehr norddeutschem Frühlingswetter ein schönes Osterfest.


Die Inzidenzwerte sind erfreulicherweise über das Fest eher nicht gestiegen, z.T. sogar gesunken, bei uns ohne neue Härten. Ich weiß nicht, wie es bei Euch war, ich habe über die Feiertage eine Reihe von Bildern und Videos bekommen mit sehr unterschiedlichen Blickwinkeln auf Ostern. Das folgende Bild, fand ich persönlich besonders gelungen:

Natürlich ist das Bild zuerst eine Kritik an Corona-Verschärfungen über die Ostertage, die vorher im Raum standen und z.T. umgesetzt wurden, aber darüber hinaus drückt das Bild sehr genau etwas von dem aus, was Ostern wirklich bedeutet: Die menschliche Erwartungshaltung, dass mit dem Tod Jesu alles erledigt sei, stellt sich als Irrtum heraus. Das was durch Jesus vom Leben und von Gott in diese Welt gebracht wurde, lässt sich nicht wieder aussperren und beseitigen. Das Votum (=biblischer Vers als Motto über einem Fest/Sonntag) für das Osterfest lautet: Christus spricht: „Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“ (Offenbarung 1,18)

Es ist ein unverschämter Anspruch der Hoffnung, der Grundlage für den christlichen Glauben und das Christentum geworden ist. Der Tod hat keine Macht mehr. Seit Christus ist er nur noch Durchgang und nicht mehr letzter Endpunkt des Lebens. Wie unverschämt dieser Anspruch gegenüber dem ist, was wir als Realität in dieser Welt erleben, hat uns die Pandemiezeit wieder sehr deutlich gemacht mit den Inzidenzen und Belegungszahlen für Intensivbetten und den Sterbezahlen. Die Beerdigungen zwischen noch nicht einmal geboren und über 100 Jahren sprechen eine andere Sprache, am Ende steht ein Grab und vielleicht noch Erinnerung an eine Vergangenheit, die nicht mehr ist.

So war es damals auch! Die Ostergeschichten beginnen mit einem vergeblichen Gang zum Grab. Und dann wird die pietätvolle Routine durchbrochen. Das Grab ist leer! Die Ostergeschichten erzählen davon, wie die Anhänger Jesu in ihr altes Leben zurückkehren (zurück nach Emmaus, wo zwei Zuhause sind, zurück nach Galiläa zum Fischfang, so wie früher, Treffen in der Gruppe als Gedenkveranstaltung, den Leichnam suchen usw.) Und bei der Flucht in ihren alten Alltag werden sie von Jesus eingeholt, als einem Fremden, der sie auf dem Weg begleitet oder am Feuer wartet, bis sie vom Fischfang zurückkommen oder als Gärtner auf dem Friedhof erscheint und durch seine Ansprache deutlich macht, dass ER es ist.

Wir wissen bis heute nicht, was damals am ersten Ostern wirklich historisch passiert ist, die Geschichten zeichnen da kein einheitliches Bild. Aber das ist auch gut so, denn darum geht es nicht, Ostern historisch zu rekonstruieren. Es geht um Glauben, dass der Anspruch Jesu gegen all das, was wir kennen und was uns unumstößlich erscheint, stimmt: : „Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“ Es geht um die Machtfrage über das Leben, um nichts weniger.

Für die ersten Christinnen und Christen bedeutete die Ostererfahrung, dass all das, was Jesus gelebt und gelehrt hatte, dem Willen Gottes entspricht. Darum ist für Christinnen und Christen Jesus von Nazareth seit 2000 Jahren mehr als ein Lehrer, mehr als ein guter Mensch, mehr als ein Prophet – so sehr er auch das sein mag! Jesus ist der, an dem wir sehen, wie Gott ist: auf der Seite des Lebens, auf der Seite der Liebe, auch da noch, wo alles schwarz und hoffnungslos ist, auch noch im Sterben und im Tod und darüber hinaus. Tod, Hölle/Unterwelt sind zum Durchgang geworden – ins Leben!

Aber natürlich ist das nicht einfach etwas, das ich einmal auswendig lerne und mit dem das Leben und Sterben kein Problem mehr darstellt. Es ist die tägliche Entscheidung, ob ich von der Kraft von Ostern leben will, oder ob ich mich von den Realitäten dieser Welt bestimmen lasse. Es ist wie bei einem modernen Passions- und Osterlied:

In einer fernen Zeit

  1. In einer fernen Zeit gehst du nach Golgatha, erduldest Einsamkeit, sagst selbst zum Sterben ja.
  2. Du weißt, was Leiden ist. Du weißt, was Schmerzen sind, der du mein Bruder bist, ein Mensch und Gottes Kind.
  3. Verlassen ganz und gar von Menschen und von Gott, bringst du dein Leben dar und stirbst den Kreuzestod.
  4. Stirbst draußen vor dem Tor, stirbst mitten in der Welt. Im Leiden lebst du vor, was wirklich trägt und hält.
  5. Erstehe neu in mir. Erstehe jeden Tag. Erhalte mich bei dir, was immer kommen mag.  Amen Amen Amen

Möge es immer wieder neu Ostern werden in Ihnen und Euch!

Ihr /Euer Pastor Schnoor